Napoléon und die Deutschen
Im heutigen Eintrag wollte ich mich ursprünglich mit dem in der letzten Einheit gereichten Werk „Grenzen. Topographie, Geschichte, Architektur“ von Leonardo Benevolo und Benno Albrecht beschäftigen, das mir einige verfolgenswerte Anregungen hinsichtlich der stadtplanerischen und landschaftlichen Gestaltung von Siedlungen gegeben hat, die ich gerne in Hinblick auf den Wandel des Pariser Stadtbildes näher beleuchten möchte.
In einem der Kapitel wird auch sehr schön die Achse, welche die ins frühneuzeitliche Paris geschlagene Schneise für die angelegte Champs-Élysée geformt hat, erläutert, besonders die kraftvolle Wirkung des an erhöhter Stelle errichteten Arc de Triomphe. Aber die möglichen Variationen der Einbettung von Bauwerken in diverse Gelände- und Siedlungsformen wurden durch eine aktuelle Sendereihe des MDR überlagert.
Letzten Sonntag Abend bin mehr zufällig über die vierteilige Dokumentation „Napoléon und die Deutschen" gestolpert.
Darin wurden die Auswirkungen auf die deutschen Länder durch die napoleonische Eroberung thematisiert. Dazu wurden sehr geschickt verschiedene miteinander verwobene Handlungsstränge auf verschiedenen Ebenen nacherzählt, was nicht nur den Inhalt, sondern auch deren Aufmachung sehr interessant machte. Um die Veränderungen im Alltagsleben der Bevölkerung möglichst anschaulich zu vermitteln, hat man Ereignisse anhand realer Personen dargestellt.
Im ersten Teil wurde dazu beispielsweise die Lebensgeschichte des Grafen von Belderbusch erzählt, der eine der ersten Scheidungen in den deutschen Territorien durchgeführt hat, um für seine Geliebte frei zu sein. Diese Scheidung war natürlich nur möglich, seit Napoléon die Allmacht der Kirche gebrochen hat. An anderer Stelle zeigt der Film das Leiden des Gerald Führer, der zusehen muss, wie sein Kloster, dem er jahrzehntelang als Abt vorstand, durch die Säkularisierung allen Inventars bei einer simplen Versteigerung entzogen wurde. Im letzten Teil wiederum werden anhand der Tätigkeit des Zöllners Jean Joseph Poirot die Folgen – namentlich der Schmuggel – der von Napoléon verhängten Kontinentalsperre aufgezeigt.
Mit dieser Methode ist es den Sendungsmachern gelungen, die alltagsnahen Auswirkungen für verschiedenste Bevölkerungsteile, auf Basis deren unterschiedlicher Wünsche, Nöte und Bedürfnisse, zu beleuchten, die die „großen“ politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen der damaligen Zeit auf den Einzelnen hatten – und dies auf sehr kurzweilige und informative Art. Geschichte wird auf diese Weise erleb- und nachfühlbar.
Die Dokumentation hat nicht nur meine historischen Lücken über Napoléons Geschicke nach seiner Machtübernahme vervollständigt, sondern mir auch viele seiner Neuerungen nahe gebracht, die mitunter bis heute gültig sind. Ich wusste etwa nicht, dass die Vereinheitlichung sämtlicher Maße und Gewichte im heutigen Deutschland auf ihn zurückgeht und dass unter seiner Ägide mit der Unzahl verschiedener Maßsysteme aus dem Mittelalter von Meilen, Ellen und dergleichen in nahezu jeder deutschen Handelsstadt aufgeräumt und alles durch den Meter ersetzt wurde. Vom Pariser Urmeter hatte ich wohl schon gehört; mit Napoléon, vom Stigma des „Streitbaren“ umgeben, hätte ich ihn jedoch nicht assoziiert.
Die Serie skizziert ein differenziertes Bild von Profiteuren und Verlierern der „Befreiung“ der deutschen Länder durch Napoléon und stellt bis ins Detail dar, welche Teile der Bevölkerung von bestimmten Maßnahmen profitierten und welche Stände im Wandel unter die Räder kamen und sich rasch gegen Napoléon stellten, auch die Organisation des Widerstandes unter dem aufgehenden Stern des deutschen Nationalismus wird thematisiert.
Langer Rede, kurzer Sinn: Die Sendereihe hat mir sehr geholfen, anhand ihrer Portraits ausgewählter Personen, mir den bereits im vorigen Eintrag angesprochenen Zeitgeist zur Zeit der Französischen Revolution und danach vor Augen zu führen und mein im letzten Beitrag angesprochenes Ansammeln von Faktenwissen erfreulich aufgelockert und sinnvoll ergänzt.
Eine Kurzbeschreibung der einzelnen Teile der Dokumentation ist hier zu finden:
http://www.arte.tv/de/geschichte-gesellschaft/Napoleon/TV-Programm/1206582.html
Der MDR hat außerdem ein eigenes Portal ins Leben gerufen, das die einzelnen Personen und Themenbereiche näher beschreibt:
http://www.mdr.de/napoleon
Noch einige Worte zu meinen Bemühungen um eine Bestandsaufnahme des Pariser Stadtbildes: Ich konnte mittlerweile verschiedene historische Karten von Paris zusammentragen – angefangen von der ersten römischen Besiedelung bis hin zur Zeit der Französischen Revolution – und werde versuchen festzustellen, ob es neben der großen axe historique auch andere Straßenzüge oder Quartiers gibt, die sich über die Jahrhunderte weitgehend unverändert erhalten konnten bzw. aus welchen Motiven sich bestimmte Stadtteile verändert haben.
In einem der Kapitel wird auch sehr schön die Achse, welche die ins frühneuzeitliche Paris geschlagene Schneise für die angelegte Champs-Élysée geformt hat, erläutert, besonders die kraftvolle Wirkung des an erhöhter Stelle errichteten Arc de Triomphe. Aber die möglichen Variationen der Einbettung von Bauwerken in diverse Gelände- und Siedlungsformen wurden durch eine aktuelle Sendereihe des MDR überlagert.
Letzten Sonntag Abend bin mehr zufällig über die vierteilige Dokumentation „Napoléon und die Deutschen" gestolpert.
Darin wurden die Auswirkungen auf die deutschen Länder durch die napoleonische Eroberung thematisiert. Dazu wurden sehr geschickt verschiedene miteinander verwobene Handlungsstränge auf verschiedenen Ebenen nacherzählt, was nicht nur den Inhalt, sondern auch deren Aufmachung sehr interessant machte. Um die Veränderungen im Alltagsleben der Bevölkerung möglichst anschaulich zu vermitteln, hat man Ereignisse anhand realer Personen dargestellt.
Im ersten Teil wurde dazu beispielsweise die Lebensgeschichte des Grafen von Belderbusch erzählt, der eine der ersten Scheidungen in den deutschen Territorien durchgeführt hat, um für seine Geliebte frei zu sein. Diese Scheidung war natürlich nur möglich, seit Napoléon die Allmacht der Kirche gebrochen hat. An anderer Stelle zeigt der Film das Leiden des Gerald Führer, der zusehen muss, wie sein Kloster, dem er jahrzehntelang als Abt vorstand, durch die Säkularisierung allen Inventars bei einer simplen Versteigerung entzogen wurde. Im letzten Teil wiederum werden anhand der Tätigkeit des Zöllners Jean Joseph Poirot die Folgen – namentlich der Schmuggel – der von Napoléon verhängten Kontinentalsperre aufgezeigt.
Mit dieser Methode ist es den Sendungsmachern gelungen, die alltagsnahen Auswirkungen für verschiedenste Bevölkerungsteile, auf Basis deren unterschiedlicher Wünsche, Nöte und Bedürfnisse, zu beleuchten, die die „großen“ politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen der damaligen Zeit auf den Einzelnen hatten – und dies auf sehr kurzweilige und informative Art. Geschichte wird auf diese Weise erleb- und nachfühlbar.
Die Dokumentation hat nicht nur meine historischen Lücken über Napoléons Geschicke nach seiner Machtübernahme vervollständigt, sondern mir auch viele seiner Neuerungen nahe gebracht, die mitunter bis heute gültig sind. Ich wusste etwa nicht, dass die Vereinheitlichung sämtlicher Maße und Gewichte im heutigen Deutschland auf ihn zurückgeht und dass unter seiner Ägide mit der Unzahl verschiedener Maßsysteme aus dem Mittelalter von Meilen, Ellen und dergleichen in nahezu jeder deutschen Handelsstadt aufgeräumt und alles durch den Meter ersetzt wurde. Vom Pariser Urmeter hatte ich wohl schon gehört; mit Napoléon, vom Stigma des „Streitbaren“ umgeben, hätte ich ihn jedoch nicht assoziiert.
Die Serie skizziert ein differenziertes Bild von Profiteuren und Verlierern der „Befreiung“ der deutschen Länder durch Napoléon und stellt bis ins Detail dar, welche Teile der Bevölkerung von bestimmten Maßnahmen profitierten und welche Stände im Wandel unter die Räder kamen und sich rasch gegen Napoléon stellten, auch die Organisation des Widerstandes unter dem aufgehenden Stern des deutschen Nationalismus wird thematisiert.
Langer Rede, kurzer Sinn: Die Sendereihe hat mir sehr geholfen, anhand ihrer Portraits ausgewählter Personen, mir den bereits im vorigen Eintrag angesprochenen Zeitgeist zur Zeit der Französischen Revolution und danach vor Augen zu führen und mein im letzten Beitrag angesprochenes Ansammeln von Faktenwissen erfreulich aufgelockert und sinnvoll ergänzt.
Eine Kurzbeschreibung der einzelnen Teile der Dokumentation ist hier zu finden:
http://www.arte.tv/de/geschichte-gesellschaft/Napoleon/TV-Programm/1206582.html
Der MDR hat außerdem ein eigenes Portal ins Leben gerufen, das die einzelnen Personen und Themenbereiche näher beschreibt:
http://www.mdr.de/napoleon
Noch einige Worte zu meinen Bemühungen um eine Bestandsaufnahme des Pariser Stadtbildes: Ich konnte mittlerweile verschiedene historische Karten von Paris zusammentragen – angefangen von der ersten römischen Besiedelung bis hin zur Zeit der Französischen Revolution – und werde versuchen festzustellen, ob es neben der großen axe historique auch andere Straßenzüge oder Quartiers gibt, die sich über die Jahrhunderte weitgehend unverändert erhalten konnten bzw. aus welchen Motiven sich bestimmte Stadtteile verändert haben.
rue_novilot - 28. Mär, 18:07