Die Pariser Straßennamen - Ein revolutionärer Masterplan?
Den Revolutionären muss hingegen grundsätzlich der redliche Vorsatz zugestanden werden, das Vorhaben einer koordinierten Umbenennung des Pariser Straßensystems anfänglich sorgfältig geplant zu haben, freilich unter Berücksichtigung revolutionärer Einflussnahme. So entwarf Henri Grégoire als Vorsitzender des Erziehungsausschusses des Nationalkonvents ein umfassendes Programm zur nationalen Erziehung. Der ehemalige Gemeindepfarrer aus einem kleinen Dorf in Lothringen, der aufgrund seiner Herkunft die Kultur der Landbevölkerung kannte, stellte ein umfangreiches Maßnahmenpaket vor.
Die zentralen Punkte bestanden aus einem forcierten Ausbau der Volksschulen, der Förderung der Nationalfeste und der Etablierung neuer Formen der Volksliteratur durch Almanache, Katechismen und Schulbücher, und der Umbenennung von Straßen und Plätzen im Sinne des revolutionären Geistes. Nicht genug der Änderungen wurde auch der gregorianische Kalender durch den Französischen Revolutionskalender ersetzt.
Die Wirkung politischer Schriftliteratur und Presse war in der noch mehrheitlich analphabetischen französischen Gesellschaft begrenzt. Nach einer Erhebung des Nationalkonvents von 1790 waren immerhin 12 Millionen Franzosen, etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung, unfähig, Französisch zu sprechen und nur 3 Millionen Bürger beherrschten die Sprache in Wort und Schrift halbwegs korrekt. Klarerweise hätte daher eine Instrumentalisierung, die sich ausschließlich auf schriftliche Pamphlete und dergleichen gestützt hätte, nur einen geringen Teil der Einwohner erreicht. Aber eine revolutionäre Namenspolitik als System volkserzieherischer Didaktik, die auf mündlicher Verbreitung basierte, sollte auf die Nation als Einheit lenkend einwirken.
Außerdem bestand der Wunsch, alle Debatten und Beschlüsse der Nationalversammlung jedem Bürger zugänglich zu machen, was eine intensive Übersetzungstätigkeit der papiers in lokale Dialekte und Regionalsprachen wie Korsisch, Bretonisch, Katalanisch und Deutsch zur Folge hatte. Aufgrund großer administrativer Schwierigkeiten wurden diese Vorhaben jedoch nur teilweise umgesetzt, die Revolutionäre fanden bald wichtigere Spielplätze. Im Januar 1794 wurde schließlich Französisch in allen Schulen verbindlich vorgeschrieben, im Juli 1794 wurden die Dialekte und Regionalsprachen vom Nationalkonvent verboten, allerdings auch dies nur kaum durchgesetzt.
Die Vermittlung der Ideale der Revolution auch an die analphabetisierten Bevölkerungsschichten sollte durch mündliche und semi-orale Formen der Informationsübermittlung erreicht werden: Einführung von Nationalfesten, Bildgraphiken (im Sinne eines erzählenden Comics), gemeinsames Singen, kostenlose Theateraufführungen, Schaffung eines patriotischen Liederkanons, Vorlesen von Zeitungen und Geschichten und eben die demonstrative Umbenennung von Straßen und Gemeinden. Ab Ende 1792 wurden Kommissare aufs Land geschickt, um öffentliche Lektüren zu organisieren. Viele Schriften jener Zeit – Literatur, Plakate, Zeitungen – waren bereits durch ihren formalsprachlichen Aufbau für Vorlesesituationen konzipiert: Als Merkmale können dafür die Verwendung von Dialogen, eingängiger Sentenzen, kurzer Anekdoten und Sprichwörter sowie die direkte Ansprache der Leser als Zuhörer festgehalten werden.
Auch deutsche Revolutionsreisende berichten von der enorm emotionalen und somit auch politischen Wirkung der öffentlichen Sprache in Verbindung mit geschulter Rhetorik und Gestik, Pathos und Sinnlichkeit, die die Bevölkerung mitreißen sollte. Der Publizist Konrad Engelbert Oelsner hebt besonders die energische Sprachgewalt Mirabeaus, Dantons und Vergniauds heraus, an deren Lippen das Volk mit aller Hingabe gehangen hat.
Die zentralen Punkte bestanden aus einem forcierten Ausbau der Volksschulen, der Förderung der Nationalfeste und der Etablierung neuer Formen der Volksliteratur durch Almanache, Katechismen und Schulbücher, und der Umbenennung von Straßen und Plätzen im Sinne des revolutionären Geistes. Nicht genug der Änderungen wurde auch der gregorianische Kalender durch den Französischen Revolutionskalender ersetzt.
Die Wirkung politischer Schriftliteratur und Presse war in der noch mehrheitlich analphabetischen französischen Gesellschaft begrenzt. Nach einer Erhebung des Nationalkonvents von 1790 waren immerhin 12 Millionen Franzosen, etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung, unfähig, Französisch zu sprechen und nur 3 Millionen Bürger beherrschten die Sprache in Wort und Schrift halbwegs korrekt. Klarerweise hätte daher eine Instrumentalisierung, die sich ausschließlich auf schriftliche Pamphlete und dergleichen gestützt hätte, nur einen geringen Teil der Einwohner erreicht. Aber eine revolutionäre Namenspolitik als System volkserzieherischer Didaktik, die auf mündlicher Verbreitung basierte, sollte auf die Nation als Einheit lenkend einwirken.
Außerdem bestand der Wunsch, alle Debatten und Beschlüsse der Nationalversammlung jedem Bürger zugänglich zu machen, was eine intensive Übersetzungstätigkeit der papiers in lokale Dialekte und Regionalsprachen wie Korsisch, Bretonisch, Katalanisch und Deutsch zur Folge hatte. Aufgrund großer administrativer Schwierigkeiten wurden diese Vorhaben jedoch nur teilweise umgesetzt, die Revolutionäre fanden bald wichtigere Spielplätze. Im Januar 1794 wurde schließlich Französisch in allen Schulen verbindlich vorgeschrieben, im Juli 1794 wurden die Dialekte und Regionalsprachen vom Nationalkonvent verboten, allerdings auch dies nur kaum durchgesetzt.
Die Vermittlung der Ideale der Revolution auch an die analphabetisierten Bevölkerungsschichten sollte durch mündliche und semi-orale Formen der Informationsübermittlung erreicht werden: Einführung von Nationalfesten, Bildgraphiken (im Sinne eines erzählenden Comics), gemeinsames Singen, kostenlose Theateraufführungen, Schaffung eines patriotischen Liederkanons, Vorlesen von Zeitungen und Geschichten und eben die demonstrative Umbenennung von Straßen und Gemeinden. Ab Ende 1792 wurden Kommissare aufs Land geschickt, um öffentliche Lektüren zu organisieren. Viele Schriften jener Zeit – Literatur, Plakate, Zeitungen – waren bereits durch ihren formalsprachlichen Aufbau für Vorlesesituationen konzipiert: Als Merkmale können dafür die Verwendung von Dialogen, eingängiger Sentenzen, kurzer Anekdoten und Sprichwörter sowie die direkte Ansprache der Leser als Zuhörer festgehalten werden.
Auch deutsche Revolutionsreisende berichten von der enorm emotionalen und somit auch politischen Wirkung der öffentlichen Sprache in Verbindung mit geschulter Rhetorik und Gestik, Pathos und Sinnlichkeit, die die Bevölkerung mitreißen sollte. Der Publizist Konrad Engelbert Oelsner hebt besonders die energische Sprachgewalt Mirabeaus, Dantons und Vergniauds heraus, an deren Lippen das Volk mit aller Hingabe gehangen hat.
rue_novilot - 24. Aug, 18:45